FINDIQ GmbH – Sina Kämmerling

Was verbirgt sich hinter FINDIQ?

FINDIQ ist ein junges Software-Start-Up, das sich mit seinem B2B-Schwerpunkt auf die Optimierung des immer komplexeren Maschinenservice fokussiert. Wir möchten Maschinenbauern und -betreibern dabei helfen, das Erfahrungswissen der ausscheidenden Servicefachkräfte zu digitalisieren und neuen, unerfahrenen Technikern intelligent zur Verfügung zu stellen. Hieraus ergibt sich dann ein „wissensbasiertes Assistenzsystem“ zur zukünftigen Bewältigung auch schwieriger Serviceeinsätze, bei immer weniger Fachpersonal.

Kurz: es hilft, das Wissen der wenigen besten Servicemitarbeiter zu sammeln, zu strukturieren und für alle neuen MitarbeiterInnen aufzubereiten – unabhängig von mechanischem, elektrotechnischem oder verfahrenstechnischem Expertenwissen.

Für die Laien unter uns … können Sie dies anhand eines Beispiels etwas anschaulicher beschreiben?

Um das etwas anschaulicher zu beschreiben: stellen Sie sich eine Maschine vor, die Schokolade herstellt. Auf einmal stoppt die Maschine, eine Fehlermeldung wird angezeigt. Ein Servicemitarbeiter des Maschinenherstellers muss angefordert werden. Der Produktionsablauf ist gestört, die Maschine steht also still bis der Servicemitarbeiter das Problem erfasst und beseitigt hat. Die Gründe für den Ausfall einer Maschine sind vielfältig. Je länger die Fehlerbehebung dauert, desto größer der wirtschaftliche Schaden. Hier kommt unser Assistenzsystem ins Spiel, das durch detaillierte Fragen und Antworten (aus dem Erfahrungsschatz langjährigen Mitarbeiters) eine Lösung des Problems aufzeigt, ohne dass ein Servicemitarbeiter angefordert werden muss. In diesem Fall war z.B. nicht die Maschine Ursache des Problems, sondern der Verarbeitungsprozess durch die Zugabe der Nüsse. Langjährige MitarbeiterInnen kennen meistens diese Einflussfaktoren, ein Neuling steht vor einem Problem! Wir identifizieren durch Gespräche mit den Experten sämtliche Einflussfaktoren entlang der gesamten Produktionskette, die sich auf den Maschinenausfall auswirken. Fazit: das Problem kann direkt vor Ort behoben, es muss kein Servicemitarbeiter angefordert werden!

Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Das Technologie-Netzwerk „it‘s OWL“ organisierte im Mai 2020 den „Makeathon“ in Kooperation mit dem Fraunhofer IEM und der OstWestfalenLippe GmbH, um während der Corona-Zeit neue Impulse für die Wirtschaft zu entwickeln. Knapp 200 Teilnehmer waren dabei und haben in 31 Teams insgesamt 15 Herausforderungen aus Unternehmen bearbeitet. Es drehte sich um die Frage „Wie können Service-Leistungen von Unternehmen im Maschinenbau revolutioniert werden?“.

3 Teams hatten 2 ½ Tage Zeit, Ideen zu entwickeln. Diese Ideen wurden am 3. Tag innerhalb von 6 Minuten der Jury online vorgestellt und unser Team (sechs Studierende und Experten aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen) hat mit dem „Service-Navigator“ den Sieg eingeholt.

Der „ServiceNavigator“ ist eine Software, die MaschinenbauerInnen und -betreiberInnen durch ein selbstlernendes KI-basiertes System (KI=Künstliche Intelligenz) dabei unterstützt, Fehler automatisiert zu finden und zu beheben. Und das bis zu fünfmal schneller als bisher. Ein Jahr und eine Million Euro Fördermittel standen uns zur Verfügung, um aus der entstandenen Idee vom „ServiceNavigator“ eine Software-Lösung zu entwickeln.

Sie haben im Team gegründet: kannten Sie sich als Gründerteam vorher oder wie sind sie zusammengekommen?

Patrick Deutschmann und ich haben uns während des Wettbewerbs kennengelernt. Patrick hat beim Fraunhofer ENAS in Paderborn im Bereich Data Science & Software Development gearbeitet. Er forscht und entwickelt an Simulations- und Diagnosealgorithmen. Wir ergänzen uns perfekt und sind ein klasse Team.

Erzählen Sie bitte etwas über sich. Eine Frau in einem doch eher männlich geprägten Bereich, dem Maschinenbau…

Ich wusste eigentlich schon als 15-jähriges Mädchen, dass ich GRÜNDEN werde –ich hatte damals so ein typisches Frauending im Kopf: ein Pflanzensystem für das Zuhause. Und dann wollte ich ursprünglich mal Medizin studieren, um Menschen zu helfen. Ich konnte aber kein Blut sehen und habe mich dann für BWL und Digital Management entschieden, womit ich schließlich in der Ingenieurbranche landete. Danach war ich als Beraterin bei der Digitalisierungs- und Innovationsberatung UNITY AG in Paderborn tätig. Dort gibt es viel produzierendes Gewerbe, das Maschinen herstellt und Digitalisierung findet auch dort statt. Als wir FINDIQ gegründet haben, hatte ich schon ein paar schlaflose Nächte – eine GmbH zu gründen mit 12.500€ Startkapital, das musste ich erst einmal einordnen. Was mich antreibt ist mein Ziel: Unternehmen nach vorn zu bringen! D.h. durch unsere Idee Hersteller und Betreiber zusammenzuschweißen. Hierbei profitieren beide Seiten.

»Die Gründe für den Ausfall einer Maschine sind vielfältig. Je länger die Fehlerbehebung dauert, desto größer der wirtschaftliche Schaden. Hier kommt unser Assistenzsystem ins Spiel, das durch detaillierte Fragen und Antworten eine Lösung des Problems aufzeigt, ohne dass ein Servicemitarbeiter angefordert werden muss.«

Ihr Ansatz, Erfahrungswissen zu digitalisieren, ist für Maschinenbauer und große Unternehmen von Interesse – warum? Gibt es auch andere Branchen, die als Anwender vorstellbar sind?

Dank des Tools kann die App Service-Technikern dabei helfen, ihren Einsatz effizienter zu gestalten und ihr Wissen nachhaltig zu dokumentieren und zu klassifizieren. Für den Fall, dass Service-Techniker, wie damals und auch z.B. noch heute durch die Corona-Pandemie auch mal nicht verfügbar sind, hilft das Tool dem Betreiber zur Selbsthilfe. Dafür bietet die App ein automatisiertes Diagnosetool, das beim Auftreten eines Maschinenfehlers die Ursachenfindung und -behebung systematisiert. Es bleibt also ein messbarer Nutzen auf beiden Seiten, beim Maschinenbauer und -betreiber. Und das bis zu fünfmal schneller als bisher.

Können Sie den Prozess beschreiben, wie Sie bzw. Unternehmen zum fertigen Produkt kommen?

Wir führen ca. 5 Tage lang Mitarbeiter (Experten)-Gespräche in den Unternehmen. So entsteht eine Basis aus Service- und Fehlerwissen der jeweiligen Maschinen. Stellen Sie sich einen sogenannten Fehlerbaum vor, an dem man sich entlang hangelt.

Angefangen bei den jeweiligen Maschinentypen bis hin zu Maschineneinzelteilen erfassen wir Symptome und Probleme und übertragen diese in unser System. So kann auch ein weniger qualifizierter Mitarbeiter mit nur einigen Klicks zur richtigen Fehlerdiagnose gelangen. Bei deren Behebung und bei Serviceroutinen leiten wir den Mitarbeiter an – Schritt für Schritt.

Was verbindet Sie ganz persönlich mit dem Kreis Herford und warum könnte der Kreis Herford – aktuell sitzen Sie ja noch in Bielefeld bei der Founders Foundation – der Sitz des Unternehmens werden?

Mein Elternhaus ist in Vlotho – ich bin dort aufgewachsen. Dort haben wir auch Findiq gegründet. Nach dem Sieg bei dem Wettbewerb it’s OWL Makeathon hat sich Founders Foundation bei uns gemeldet und gefragt, ob wir unsere Leadership Skills verbessern möchten und Support durch führende GründerInnen & MentorInnen haben möchten. Das haben wir natürlich angenommen. Unser Stammsitz ist aber in jedem Fall erst einmal Vlotho! Dank Homeoffice-Möglichkeiten kann ich natürlich auch jederzeit von dort aus arbeiten.

Sie haben 3 Wünsche frei …

  • … einmal in die TV-Sendung zu Markus Lanz – um gehört zu werden …
  • … dass unser Unternehmen erfolgreich ist – dann würde ich in die medizinische Forschung spenden
  • … und dass es viele weitere GründerInnen gibt, gerade in einer technisch-, männerdominierenden Arbeitswelt … dann wäre die Welt eine andere!