CANIS MOTUS Hundephysiotherapie – Elif Kislak

Guten Morgen Frau Kislak … Sie sind seit 2019 zertifizierte ausgebildete Hundephysiotherapeutin. Welchen Weg hatten Sie vor dieser Ausbildung eingeschlagen?

Ich habe nach meinem Fachabitur Wirtschaftsrecht in Osnabrück studiert. In der Schule hatte ich einen wirklich tollen Lehrer für das Fach Sozialwissenschaften, der mir die Themen Wirtschaft, Politik und Jura näher gebracht und mein Interesse geweckt hat. Nach dem 5. Semester habe ich aus persönlichen Gründen das Studium pausieren lassen müssen und bin zunächst wieder zurück in meine Heimat Löhne gezogen.

Nach vielem Hin- und Her und einigen schlaflosen Nächten habe ich die Entscheidung getroffen und mich gegen das Weiterführen des Studiums entschieden. Manchmal passieren unvorhergesehene Dinge und man sieht die Welt plötzlich mit anderen Augen. Ich sah mich einfach nicht mehr in einem klassisschen Bürojob.

Wie sind Sie dann zu Ihrer Berufung Hundephysiotherapeutin gekommen?

Ich bin schon von klein auf mit Tieren aufgewachsen: Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Wellensittiche. Mit den Nachbarshunden bin ich auch immer gerne Gassi gegangen. Schon immer hatte ich den Wunsch gehabt, einen eigenen Hund – einen Dobermann – zu haben. Mit 24 Jahren konnte ich mir dann endlich meinen lang ersehnten Wunsch erfüllen und meinen ersten eigenen Hund begrüßen. Mein Dobermann Thai zog im Alter von 8 Wochen bei mir ein und veränderte mein Leben komplett. Thai war leider schon in seinen jungen Jahren krank: er litt unter Spondylose, das ist eine degenerative Erkrankung der Wirbelsäule und er musste physiotherapeutisch behandelt werden. So kam ich erstmals mit dem Bereich der Hundephysiotherapie in Berührung.

Um Thai auch zu Hause zu unterstützen, habe ich selbst Massagekurse für Hunde absolviert. Ich habe mich dann entschieden, dass mich genau diese therapeutische Arbeit mit Hunden erfüllt und habe mich für eine Ausbildung zur Hundetherapeutin entschieden. Die Ausbildung musste selbst bezahlt werden und so habe ich erst einmal gejobbt, um diese und weitere Fortbildungen zu finanzieren. Es war mein Herzenswunsch und für mich stand auch von Anfang fest, mich in diesem Beruf selbständig zu machen. Ich hatte nie Angst vor der Zukunft, nie Angst, zu scheitern. Ich wußte einfach, dass es funktionieren wird.

Fast jeder war schon einmal selbst in physiotherapeutischer Behandlung und kennt zumindest einen Teil des Angebots. Wie sieht das Therapieangebot bei Hunden aus? Ähnlich wie beim Menschen?

Ja – das ist schon ähnlich. Zunächst befrage ich die HundehalterInnen mittels eines Anamnese-Fragebogens über die derzeitigen Beschwerden des Patienten (des Hundes) sowie die medizinische Vorgeschichte und Lebensumstände. Diese Anamnese ist besonders ausführlich, damit ich mir ein umfassendes Bild meines Patienten machen kann.

Als Physiotherapeutin erkenne ich natürlich anhand des Tastens und Fühlens, wo ich ansetzen muss. Dann wähle ich die für meinen Patienten passende Therapie aus – diese startet immer mit manuellen Behandlungen, wie z.B. einer Massage. Als Sporthundephysiotherapeutin beinhaltet meine Therapie auch immer einen aktiven Teil.

Woher kommt es, dass immer mehr Hunde Physiotherapie benötigen? Hat dies mit Überzüchtung zu tun und sind bestimmte Rassen anfälliger?

Das ist sicherlich auch ein Grund. Bis heute sind einige Rassen besonders oft betroffen, weil sie gewisse körperliche Schwachstellen haben. Aber auch alle anderen Rassen und Mischlinge können erkranken oder sich verletzen. Ich bin mir sicher, dass das Thema Be- und Überlastung auch ein Grund ist. Heute sieht das Hundeleben anders aus, einige führen noch immer das normale Familienhundleben, andere gehen Freizeitaktivitäten oder besonderen Sportarten nach. Was grundsätzlich natürlich toll und richtig ist, aber die Waage von
Beschäftigung und ausreichend Ruhe zu finden, fällt vielen HundebesitzerInnen leider oft schwer.

»Ich merke sofort, wenn ein Hund Schmerzen hat! Und darauf muss ich eingehen und dem Hund signalisieren, dass ich das sehe und verstehe. Das zeigt sich z.B. durch ein Meideverhalten oder in einem einfachen Blickkontakt zu mir.«

Sie sind nicht nur selbstständige Hunde- und Sporthundephysiotherapeutin, sondern auch als Dozentin für aktive Bewegungstherapie in der Ausbildungsstätte für Hundephysiotherapie und geben zusätzlich Seminare und Workshops für PatientenbesitzerInnen. Wie schaffen Sie, dies alles unter einen Hut zu bekommen?

Ich bin selbständig und es ist einfach alles eine Sache der Organisation und guten Planung. Natürlich gibt es Tage und Wochen, die pickepacke voll sind, aber es gibt auch Zeiten, in denen es für mich ruhiger und entspannter ist.

Für mich ist das eher eine Berufung als ein Beruf und dann arbeitet man einfach sehr gerne. Meine Leidenschaft für meine „Patienten“ hat mich dazu bewogen, mich stetig weiterzubilden um ein breites Behandlungsangebot anbieten zu können.

(Eine Einheit: Elif Kislak mit ihren beiden Hunden: Doberman Taya und Zwergpudel Migo)

 

Hatten Sie schon einmal Angst bzw. Unbehagen vor dem Patienten? Und wie beruhigen Sie Herrchen und Frauchen?

(Frau Kislak lächelt) Nein: ich hatte weder Unbehagen noch Angst. Es gibt immer einen Weg, den Hunde zu untersuchen bzw. therapieren. In der Regel passiert nichts, solange man
auf das Tier “hört”. Ich merke sofort, wenn ein Hund Schmerzen hat! Und darauf muss ich eingehen und dem Hund signalisieren, dass ich das sehe und verstehe. Das zeigt
sich z.B. durch ein Meideverhalten oder in einem einfachen Blickkontakt zu mir.

Stehen noch weitere Pläne für die Zukunft im Bereich der Tierphysiotherapie an?

Gerne möchte ich auch digital arbeiten z.B über You Tube, dort wird dann kleine Videos mit Einblicken in meinen Job geben. Das Projekt liegt aber noch etwas in der Zukunft.

Was lieben Sie ganz besonders an Ihrer Heimat Kreis Herford?

Löhne ist mein Zuhause, meine Heimat! Hier schöpfe ich Kraft aus der wunderbaren Natur direkt vor meiner Haustür. An der Werre gehe ich gerne mit meinen Hunden spazieren und genieße die Ruhe.

Eigentlich bin ich ja eine Großstadtliebhaberin! Ich liebe es, viele unterschiedliche Menschen um mich zu haben und die vielen Möglichkeiten, die man in einer Großstadt hat, aber ich könnte mir keinen anderen, besseren Ort zum Leben vorstellen als Löhne. Und … da ich an den Wochenenden oft unterwegs bin ob beruflich oder privat ist das ein perfekter Mittelweg für mich.