Alexander Wellmann, elseLiebe UG

Vielen Dank, Herr Wellmann, dass Sie uns einen Blick hinter die Kulissen von »elseLiebe« gewähren und Ihre Geschichte mit uns teilen. Was war der Anlass für die Gründung Ihres Unternehmens?

Die Gründung von elseLiebe im Jahr 2023 hatte ihren Ursprung in unserem Wunsch nach Selbstversorgung. Vor einigen Jahren kauften meine Frau und ich den Bauernhof hier in Rödinghausen, ein perfekter Ort mit viel Platz – nicht nur für unsere Familie. Als unser zweites Kind unterwegs war, befanden wir uns gerade mitten in der Modernisierungsphase des Hofes und da kam uns die Idee, Tiere zu integrieren. Der Hof ist ideal für Schafe und Hühner, und eine freie Scheune bot sogar Platz für ein Schwein – genauer gesagt für eine Sau. Uns war und ist es wichtig, dass die Haltung artgerecht ist und das Futter aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammt.
Unser Ziel war (und ist) es, Mensch und Tier im Einklang mit der Natur aufwachsen zu sehen und gleichzeitig bewusst zu machen, was es bedeutet, Fleisch zu konsumieren. Fleisch ist für unsere Familie ein Genussmittel und kein Grundnahrungsmittel.

Das hört sich nach einem guten Plan an. Aber wann kam der Schritt bzw. der Gedanke, über die Selbstversorgung hinauszugehen und wie sollte dies funktionieren?

Meine Entscheidung, die Sau decken zu lassen, bescherte uns zehn Ferkel – eine Zahl, die für unsere Selbstversorgung natürlich viel zu groß war. So entstand die Idee, die überschüssigen Produkte zu vermarkten. Als Hobbykoch und ausgebildeter Hotelfachmann machte ich mich auf die Suche nach passenden Produkten. Bratwurst und Schnitzel kamen für mich nicht in Frage, das war zu einfach. Ich wollte etwas Besonderes schaffen: Suppen und Fertiggerichte mit internationalen Einflüssen – aber keinesfalls Standardkost wie die 0815-Kartoffelsuppe. Stattdessen bieten wir Gerichte wie Kohlrabi-Kokos-Suppe oder Hackfleischsoße mit Kreuzkümmel und indischen Gewürzen an – alles abgefüllt in Gläsern. Glas bietet eine sehr gute Möglichkeit, innovative und kreative Gerichte anzubieten, die in traditionellen Verpackungen wie Konservendosen nicht die gleiche Wertigkeit oder Frische ausstrahlen würden – das war mir wichtig. Zudem ist ein großer Vorteil unserer Produkte die Möglichkeit, auf eine durchgehende Kühlkette beim Versand zu verzichten. D.h. die Genussboxen – so nennen wir unsere Angebote – können problemlos ohne komplizierte Logistik und hohen Kosten versendet werden.

Das hört sich alles so einfach und »schnell umgesetzt« an?

Nein, das war es in der Tat nicht! Es war eine langwierige und intensive Phase, in der ich unzählige Stunden in der Küche verbrachte, um die perfekten Rezepturen zu entwickeln. Jeder Gewürzanteil wurde genau abgewogen – von einer Messerspitze Curry bis hin zu der genauen Menge Kurkuma etc.
Ein Rückschlag ereilte mich, als wir versuchten, die Produkte bei einem regionalen Produzenten abfüllen zu lassen. Leider konnte der ursprünglich gute Geschmack meiner Rezeptur nicht in der Massenproduktion reproduziert werden, was für mich nicht akzeptabel war. Es schmeckte überhaupt nicht! Ich wollte nur Produkte verkaufen, hinter denen ich mit 100%iger Überzeugung stehe und alles passt.

Nach vielen Herausforderungen, Experimenten und angepassten Rezepturen war es schließlich im Juni 2024 soweit: Wir starteten unseren Online-Shop und präsentierten die ersten Produkte von elseLiebe.

„elseLiebe“ – wie ist dieser liebevolle Unternehmensname entstanden?

Der Name „elseLiebe“ ist aus unserer regionalen Verbundenheit und der Liebe zu Tieren, Umwelt und Natur entstanden. Wir haben hier in Rödinghausen den Kilverbach, ein Zulauf der Else. Und so entstand der Unternehmensname „elseLiebe“.

Zusätzlich haben wir noch den Slogan „Alte Heimat neue entdeckt“ entwickelt, um zu zeigen, dass es sich bei unseren Produkten nicht nur um die klassische Kartoffel-Suppe handelt, sondern neu interpretierte Suppen und Fertiggerichte.

»Das Konzept von elseLiebe ist eben erklärungsbedürftig, und es braucht Zeit, um die Menschen von meinen Ideen zu überzeugen. Doch durch persönliche Gespräche – sei es auf Wochenmärkten oder bei anderen Events – gelingt es mir zunehmend, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.«

Was haben Sie beruflich vor der Gründung ausgeübt und hatten Sie bei der Realisierung Ihrer Idee Unterstützung, z.B. Thema Businessplan und Finanzierungsmöglichkeiten?

Ich bin gelernter Hotelfachmann, habe danach Wirtschaftswissenschaften in Bielefeld studiert und war im Bereich Controlling, Key Account tätig – also klassische Büroarbeit. Im Mai 2022 war ich über ein Jahr in Elternschaft und hatte Zeit, die Idee der Vermarktung unserer Produkte reifen zu lassen. Und ich war schon immer Heimwerker und leidenschaftlicher Hobbykoch.

Natürlich hatte ich auch Kontakt zur IHK in Bielefeld und ein Gründungsstipendium NRW* erhalten. Da ich aber selbst gut mit Zahlen umgehen kann, konnte ich die benötigten Unterlagen selbst erstellen und die Gespräche selbst führen. 

(*Gründungsstipendium.NRW: Maximal drei GründerInnen pro Gründungsteam erhalten 1.200 Euro pro Monat und Person über eine Laufzeit von einem Jahr. Vorausgesetzt die Idee überzeugt, erhält man eine Empfehlung.)

Woher bekommen Sie Unterstützung, z.B.  schlachten, produzieren und vermarkten? Sind Sie ein „Ein-Mann-Betrieb“?

Natürlich kann ich nicht alles alleine umsetzen. Deshalb arbeite ich eng mit regionalen Partnern zusammen: Die Schlachtung erfolgt in Riemsloh, und die Produktion der Gerichte wird in Osnabrück und Bielefeld realisiert. Es war jedoch alles andere als einfach, professionelle Produzenten zu finden, die meinen hohen Anforderungen gerecht werden. Dabei müssen sowohl das kulinarische Verständnis als auch die Kalkulation perfekt miteinander harmonieren. Mein Fokus liegt auf der Vermarktung, so bin ich mit meinem Verkaufsanhänger auf verschiedenen regionalen Wochenmärkten und Events präsent. Auch gibt es wertvolle Kooperationen, wie z.B. bei dem anstehenden Event „elseLiebe & Friends“ auf Schloss Benkhausen. Dort bin ich Gastgeber eines 6-Gänge-Menüs (Anm. der Redaktion: das Event ist bereits ausverkauft).
Und da wir uns als Familie bewußt für das Leben auf dem Land und auch mit den Tieren entschieden haben, vermischen sich Aufgaben, die auch dem Unternehmen zugute kommen, z.B. wenn unsere beiden Kinder im Garten unterstützen und die Tiere füttern – wir sehen diese Zeit dann auch als Familienzeit. Es ist alles eine Frage des Zeitmanagements.

Ursprünglich hätte ich die Produktion gerne in einer eigenen Küche im Haus gegenüber vom Hof realisiert. Doch die strengen Auflagen des Veterinäramts und die Anforderungen an den Hygieneraum, der die höchste Hygienestufe erfüllen müsste, machen eine solche Investition wirtschaftlich nicht tragbar.

Was waren bisher die wichtigsten unternehmerischen Erfahrungen und wie sieht der Status heute aus?

Eindeutig war es die Erfahrung beim Produzenten der Suppen und der Hackfleischsoßen in Rinteln. Gleich der erste Prototyp war ungenießbar! Der Ablauf und der Garprozess der Herstellung haben einfach nicht funktioniert. Zwar hatten wir eine große „Ausbeute“, aber wie sollte es weitergehen? Da stellt an sich die Frage: „Was jetzt“? Das ist schon beunruhigend … Ein Glück habe ich dann die richtigen Partner gefunden!

Der Online-Verkauf ist im Juni 2024 zwar etwas langsamer angelaufen, als ich mir erhofft hatte. Die Vorstellung, dass nach dem Start sofort Bestellungen eingehen, wäre wünschenswert, aber leider nicht realistisch. Das Konzept von elseLiebe ist erklärungsbedürftig, und es braucht Zeit, um die Menschen von meinen Ideen, meinem Grundgedanken des bewußten Fleischkonsums, überzeugen. Doch durch persönliche Gespräche – sei es auf den regionalen Wochenmärkten oder bei anderen Events – gelingt es mir zunehmend, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Das Feedback, das ich erhalte, ist durchweg positiv und bestärkt mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Aktuell bin ich auch dem Online-Portal Wochenmarkt24 beigetreten. Dieses Netzwerk aus regionalen Familienbetrieben und Höfläden hat mich sofort angesprochen. Es passt perfekt zu unserer Philosophie, denn auch bei Wochenmarkt24 steht die Verbundenheit mit der Region und nachhaltiges Wirtschaften im Mittelpunkt.

Was machen die „Genussboxen“ von elseLiebe besonders und welche Produkte sind darin enthalten?

Bei elseLiebe steht der Genuss eindeutig im Mittelpunkt, weshalb wir unsere „Genussboxen“ ins Leben gerufen haben. Jede Box ist individuell zusammengestellt und bietet eine sorgfältige Auswahl an Produkten, die perfekt miteinander harmonieren – etwa Suppen und Salami kombiniert mit einer Flasche Wein oder Schnaps, aber auch mit Limo oder Bier. Regionalität spielt dabei eine wichtige Rolle: wir arbeiten mit einem Lemonadenhersteller und einer Brauerei aus Bielefeld zusammen, und der Wein stammt u.a. auch aus dem benachbarten Stemwede. Besonders schön ist, dass wir hier auch unser eigenes Etikett verwenden können, um die Boxen noch persönlicher zu gestalten.
Die Produktpalette umfasst eine Reihe von hochwertigen Spezialitäten, wie Salami, Suppen, Hausmacher Leberwurst und innovative Hackfleischsoßen. Zu den kreativen Rezepturen zählen beispielsweise Tomate & Curry oder Pilz & Kokos, die unseren Produkten eine besondere Note verleihen. Für Liebhaber von Frischfleisch bieten wir die Möglichkeit, Filet, Schnitzel, Nacken- oder Schulterfleisch bequem per E-Mail oder WhatsApp vorzubestellen. Die Schlachttermine sind auf unserer Website einsehbar. Zudem führen wir eine Auswahl an Tiefkühlfleisch, von Bratwurst und Hackfleisch bis hin zu Spareribs, Koteletts und Steaks – alles stets vorrätig für unsere Kunden.

 

Welche neuen Projekte haben Sie sich für dieses Jahr vorgenommen und wo sehen Sie sich in 5 Jahren?

Im besten Fall gibt es den Online-Shop noch und wirkt sich kostendeckend aus. Mein Ziel ist es, mit dem Shop alle Fixkosten zu decken. Darüber hinaus möchte ich gerne das Sortiment erweitern mit Schafen und Lämmern aus eigenem Bestand. Wichtig ist mir, nahezu alles vom Tier zu verwerten. Und nach wie vor möchte ich, dass bei elseLiebe der bewusste Genuss stets im Mittelpunkt steht und dies auch weiterhin an die Konsumenten weiter transportiert wird.