Leon Lauer –
Vipera Honeywine & Spirits GbR   

Seit 2020 brauen Sie gemeinsam mit Ihrem Bruder Luca und Ihrem Kumpel Hendrik in Löhne Honigwein! Wie kam es zu dieser Idee mit einem nicht alltäglichen Produkt und vor allem – wie haben Sie als „Brauteam“ zusammengefunden?

Ab 2022 werden wir nun sogar nur noch zu Zweit sein, Henrik Elsner und ich werden das Ganze Projekt so weiterführen, da meinem Bruder derzeit andere Projekte und Möglichkeiten offen stehen, die er gerne nutzen möchte. Wir setzen uns gerade im Guten auseinander, um einen weichen Übergang nach diesen zwei turbulenten Jahren zu gewährleisten.

Wieso Met? Einerseits weil es ein Gebiet ist in dem wir noch lange nicht alles an Möglichkeiten ausgeschöpft haben und das eine unglaublich lange Tradition vorweist, andererseits weil wir nicht die Möglichkeit hatten, direkt klassischen Wein hier in der Region herzustellen. Da blieb dann als Mittelweg der Honigwein, den wir selber auch gerne trinken.

Honigwein-Brauen für Anfänger! Erklären Sie uns bitte einmal, was Ihren Honigwein ausmacht und welches Alleinstellungsmerkmal Ihr Angebot hat?

Qualität ohne Kompromiss – der Honig muss von lokalen Imkern stammen, die einfach für Honig so brennen, wie wir das für den Met tun. Im nächsten Schritt verarbeiten wir kalt, das bedeutet, bei uns wird der Honig nicht erhitzt, um sich im Wasser zu lösen, sondern ganz langsam eingerührt. Dies erhält Enzyme und andere Bestandteile, die Honig so besonders machen und trägt ungemein zu einem breiten sensorischen Profil bei, das nicht so extrem von Karamell dominiert wird. Vergoren wird schonend mit eigens selektierten Hefen, danach bekommen unsere Produkte lange Reifezeiten in Fass und Flasche sowie ein Feinhefelager, wie man das zum Beispiel von hochwertigen Winzersekten, Champagner oder Cava kennt, um den Produkten weitere Tiefe zu verleihen. Am Ende habe ich also etwas, das sich zwischen hochwertigem Sherry, Portwein und Likör ansiedelt.

Bei uns ist am Ende jede Charge ein Einzelstück mit seinem eigenen kleinen Kniff. 

„Vipera-Honeywines“ hatte seine Anfänge in dem Familienunternehmen Windmann in Löhne. Kommt daher Ihr Wissen der professionellen Eigenherstellung?

Natürlich profitierte das Ganze am Anfang ungemein vom Wissen, auf das wir standorttechnisch zurückgreifen konnten. Mein Urgroßvater produzierte bereits selbstständig Süßweine, mein Opa und meine Großtante waren in diese Prozesse involviert und führten gerade im fachlichen Bereich ihre Steckenpferde Bier und Wein fort. Meine Mutter durchlief ebenfalls eine Ausbildung in diesem Bereich, die heute „Sommelier – Fachrichtung Handel“ heißt. So konnten wir hier schon früh Verkostungserfahrung sammeln und einfach Herstellungsmethoden aus aller Welt kennen lernen und uns aus diesem Pool an Wissen so bedienen, wie es eben gerade passte.

Besuche bei Produzenten in ganz Europa, direkte Gespräche mit Winzern und Kellermeistern und Eindrücke durch das Erleben von Produkten – auch außerhalb der Deutschen Wein- und Spirituosenwelt – spielten in der Akkumulation von Wissen ebenfalls eine große Rolle. Bereitschaft zu Lernen und Auszuprobieren war hier definitiv ein Faktor, der auch über den Einfluss des elterlichen Betriebes hinaus eine Rolle gespielt hat. Da kamen einem die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zu Gute, die man durch die Universitäre Ausbildung vermittelt bekommen hat.

 

»Die Spirituosen sind die Pflicht, der Met die Kür! Bei uns ist am Ende jede Charge ein Einzelstück mit seinem eigenen kleinen Kniff. «

Sie bieten die Independent Bottling-Marke „The Six Friends“ an, die nur ausgewählte Produkte der höchsten Qualitätsstufen veredelt. Was ist darunter zu verstehen?

Die Spirituosen sind die Pflicht, der Met die Kür. So könnte man das Ganze beschreiben, was nicht heißen soll, dass wir an die Abfüllungen von Six Friends einen geringeren Standard anlegen als an den Met. Bei den Six Friends geht es über unsere kleinen Obernbecker Single Batches, die wir vor allem hier vor Ort im Weinkeller verkaufen und ein wenig unseren Geschmacksstil vermitteln, hin zu den Einzelfassabfüllung vom Metfass oder Kombinationen an Brand und Fass, die wir speziell wegen ihrer Aromaprofile miteinander vermählen. Auch sind die Six Friends Abfüllungen eine Möglichkeit für uns zu zeigen, was unsere Metfässer können, nachdem sie drei Jahre lang unser flüssiges Gold aufgesogen haben. Wir bannen sozusagen die Metchargen, die dieses Fass zum Leben erweckt hat nachträglich noch einmal in einen dazu passenden Brand.

Wie sieht der Vertrieb / Verkauf aus? Fokussieren Sie sich ausschließlich auf die Region oder sind Ihre Produkte auch schon deutschlandweit oder sogar schon im europäischen Ausland erhältlich?

Im Moment findet man uns größtenteils am Standort von Windmann Getränke und einige Sachen auch bei Maxi Schuster im Elsbachhaus in Herford. Unser Corporate Identity befindet sich in der Umgestaltung und die Lager sind relativ leer, neue Abfüllungen stehen in den Startlöchern und sollen dann vor allem das Konzept: „Support your local Dealer“ stärken.

Fachhändler und kleine Onlinehändler sind unser Mittel zur Streuung der Produkte, vor allem auch, da wir uns bewusst in unserer Menge limitieren, um einen guten Überblick über Reifegrade und Entwicklung der einzelnen Fässer behalten zu können. Außerdem lassen wir bewusst Raum für Individualfertigung für Enthusiasten oder andere Unternehmen und Fachhändler, die so ihre eigenen Produkte in Zusammenarbeit mit uns kreieren und in ihrem eigenen Geschäft anbieten können.

Sie studieren „eigentlich“ Biomedizintechnik in Aachen. Ist das Studium auf Eis gelegt oder bekommen Sie Studium und Start-up in Löhne unter einen Hut? Wie sieht es bei Ihrem Kumpel Hendrik aus?

Mittlerweile bin ich in Geisenheim im Fachbereich Getränketechnologie der HGU untergekommen, um weitere Qualifikationen in dem Bereich zu erwerben. Henrik steht derzeit kurz vor der Verteidigung seiner Bachelorarbeit im Fach Mechatronik. Start-Up und Studium zusammen zu bekommen ist von vornherein ein Drahtseilakt mit vielen schlaflosen Nächten gewesen und natürlich leidet das Unternehmertum da immer ein wenig mehr als man sich das vorgenommen hat. Am Ende würde ich die Abwechslung und das Gefühl, das einem die Ausübung dieses Handwerks neben den geistigen Herausforderungen des Studiums gibt, nicht missen wollen. Zudem gilt: man lernt nie aus – sich nicht in einer so veränderlichen Branche am Stand der Forschung und den Möglichkeiten, die diese bietet zu bewegen, verbaut einem den Zugang zu Ideen, auf die man sonst vielleicht gar nicht gekommen wäre. Man pickt sich also irgendwie das Beste aus beiden Welten raus und kommt in beiden voran.

Ein Blick in die Zukunft …?

Im Moment stehen wir vor einigen Hürden, die noch genommen werden wollen: Es muss mehr Platz her, Flaschen und Etiketterneuerung müssen zu Ende gebracht werden, Ideen für eine eigene Destille, einen weiteren Fachhandelsstandort, weitergehende Kapitalakquise und Suche nach interessiertem Personal und eventuell auch Auszubildenden stehen auf der To-Do Liste. Film und Podcast sowie Blogkonzepte zum Thema Met und Spirituosen sind in der Planung und wollen verwirklicht werden. Regionalität, Qualität und Bewusstsein für nachhaltige Produkte ist etwas, was wir weitertragen und vermitteln wollen.

Aber ein Schritt nach dem anderen, nach einem ersten Geschäftsjahr in einer Pandemie kann einen momentan nicht mehr so viel schocken.