Simon Klünder– aarhus80 

Herr Klünder, erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich trotz aller Vorbereitungen für die Eröffnung Ihres Unternehmens „aarhus80“ Zeit für uns nehmen. Erzählen Sie uns etwas über sich? 

Wo soll ich anfangen? Ich habe 23 Jahre als Industrie-Elektroniker in einem kleinen Unternehmen gearbeitet, in dem ich auch schon meine Ausbildung gemacht hatte. Das familiäre Umfeld, das Team und nicht zuletzt die Aufgabe selbst hatten mir sehr viel Spaß gemacht! Meine Aufgaben waren vielfältig, wie z.B. das Bearbeiten, Montieren und Verbinden mechanischer Komponenten und elektrische Betriebsmittel. Zudem gehörte das Installieren elektrischer Systeme und Anlagen dazu. Ein eigentlich ziemlich kreativer Job! Meine Liebe zum Werkstoff Holz habe ich quasi schon eine Ewigkeit. Seit vielen Jahren bin ich leidenschaftlicher „Hobbytischler“. Z.B. habe ich unterschiedliche Möbel für unser Zuhause gebaut. (Anmerkung der Redaktion: hierzu gehören z.B. wunderschöne, einzigartige Möbel für die beiden Söhne, wie z.B. ein Bett in Form eines Boots mit einer herrlich bunten Bemalung der Bielefelder Künstlerin Petra Gorholt, Schreibtische, Wanddekorationen, Wanduhren, Tische und Stühle für das Eigenheim). Zu meinen Lieblingsholzarten gehört der Nussbaum, da er eine unverwechselbare, lebendige Maserung hat. Ich habe mich schon an vielen Dingen ausprobiert. In der Vergangenheit z.B. habe ich „Briefkästen“ gebaut, die von einer Bielefelder Künstlerin Petra Gorholt liebevoll individuell bemalt wurden. Leider stand der Aufwand nicht im Verhältnis zu den Kosten, die wir dann dafür an Kunden berechnen konnten. Wir haben uns daher entschieden, an dieser Stelle nicht weiter zu machen. Die Leidenschaft, mit Holz zu arbeiten, hat mich aber immer begleitet und gehört zu meinem Leben – genauso wie meine Familie. Wir haben dieselben Interessen wie z.B. Handball und unsere Lust an außergewöhnlichen Reisen – besonders gerne nach Dänemark und Österreich.

Aarhus80 – dahinter steckt ein Unternehmen, das Skandinavische Möbel, Lampen und Accessoires anbietet. Bekommt IKEA Konkurrenz?

Oh nein! Skandinavische Möbel müssen nicht immer im Baukastensystem to go angeboten werden. Ikea hat durchaus seine Daseinsberechtigung – auch ich als „Hobby-Tischler“ mixe Zuhause Ikea mit Handarbeit oder besonderen Einzelstücken. Meine Familie und ich sind absolute Dänemark-Fans. Wir lieben die Natur, das Lebensgefühl und die Atmosphäre, die dänische Städte und das Leben dort ausstrahlen. Und natürlich gehört auch der Einrichtungsstil dazu. Die Möbel zeichnen sich durch Qualität und Natürlichkeit aus und überzeugen durch das schnörkellöse klare Design, was den Möbeln ihre Zeitlosigkeit verleiht. Dazu kommt noch die moderne Funktionalität der Möbel. Ich habe mich für den Vertrieb von Produkten entschieden, die die höchsten Umweltstandards bei der Materialauswahl, Produktion, Verpackung und beim Transport erfüllen. Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig – da sind uns die skandinavischen Länder schon weiter voraus!
Ein Beispiel sind die Möbel der Marke MUUTO, die es versteht, skandinavische Designkultur in Wohnaccessoires, Regalen, Tischen oder Sitzgelegenheiten immer wieder neu zu interpretieren. Sie alle eint der Wunsch, Handwerk, Funktionalität und eine ansprechende Ästhetik auf zeitlose und unaufdringliche Weise miteinander zu verbinden. Ich bin sehr stolz, u.a. diese Marke in meinem Geschäft präsentieren zu können, denn die beiden Gründer von Muuto sind sehr ambitioniert und bestrebt, ihre Produkte nur in den renommiertesten Design-Läden zu etablieren und haben eine Liste an Voraussetzungen, wer diese Marke vertreiben darf. Ich konnte mit meiner Idee, meiner Vision und meiner Person überzeugen, obwohl ich das Parameter „Geschäftsgröße“ nicht erfülle.

Aarhus ist eine Stadt in Dänemark an der Ostküste der Halbinsel Jütland. Stammen daher die Möbel oder woher kommt der Unternehmensname „aarhus 80“ (warum 80?)?

Als leidenschaftlicher Dänemark-Fan konnte ich schon einige Orte in Dänemark kennenlernen. Aarhus ist einfach zu meiner Lieblingsstadt geworden: dort haben wir auch als Familie alles gefunden, was das Herz begehrt. Und da ich skandinavische Möbel vertreibe, lag es für mich auf der Hand, meinem Geschäft einen Namen zu geben, der auch Bezug zu Dänemark hat. Woher die „80“ kommt, lässt sich auch leicht erklären: mein Geburtsjahr ist 1980 und auch die Hausnummer in der Waltgeristraße, in der sich mein Geschäft befindet, hat die Nummer 80! Das war die Geburtsstunde des Namens: aarhus80.  

»Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig – da sind uns die skandinavischen Länder schon weiter voraus! «

Wie sah Ihr Weg in die Selbstständigkeit aus? Was war der Auslöser, mit dem eigenen Unternehmen durchzustarten?  Wie kommen Sie mit der beruflichen Veränderung zurecht?

Es klingt vielleicht zunächst etwas „leichtsinnig“ – natürlich war das keine Kurzschluss-Reaktion und musste gut überdacht werden. Ich war seit einigen Jahren nicht mehr glücklich in meinem Job – vieles hatte sich seit dem Start in dem Familienbetrieb bis heute verändert und ich merkte, dass ich so nicht mehr weitermachen wollte und eine neue Herausforderung brauchte. Letztendlich gabe es dann „den“ Auslöser: die Corona-Situation und die damit verbundenen Herausforderungen als Familie. Ich wollte in dieser Zeit für meine Familie, für meine Söhne da sein und habe schließlich gekündigt. Da meine Frau ebenfalls berufstätig ist, konnten wir als Familie diesen Schritt gehen und wir haben gemerkt, wie richtig er für uns war und ist! 
In dieser Zeit haben sich dann auch meine Ideen für das Unternehmen mit skandinavischen Möbel weiterentwickelt und gefestigt. Ich hatte Zeit, mit meiner Familie und sehr guten Freunden und natürlich – sehr wichtig – mit meiner Hausbank über meine Idee zu sprechen. Hier habe ich den Kontakt zur KfW Bank erhalten, um entsprechende Fördermittel zu bekommen. Das erleichtert die Existenzgründung und die ersten Jahre als Unternehmer. Meinen Businessplan habe ich selbst anhand von you-tube Erklärfilmen erstellt und der Bau meines Geschäfts „aarhus80“, der noch nicht abgeschlossen ist, wurde trotz der ungewöhnlichen Architektur genehmigt. Dieses Projekt realisiere ich gemeinsam mit einem familienbekannten Tischler.
Es ist nur eine kleine Fläche – sozusagen ein Show-Room – auf der die zu kaufenden Möbel der unterschiedlichen Brands das Interieur ausmachen. D.h. der Kunde kann bei aarhus80 zwar „nur“ einige Möbel anschauen und ausprobieren, aber sämtliche Varianten, Farb-, Stoff- u. Holzmuster liegen zur Ansicht bereit. Hier ist eine individuelle Beratung natürlich inklusive und wichtig. Ein weiterer Service: falls sich ein Kunde nicht sicher ist, ob z.B. der neue Stuhl zum bestehenden Tisch passt, kann dieser einfach zum Testen ausgeliehen werden oder anhand von augmented reality in die eigenen vier Wände projiziert werden. Ein Sortimentswechsel plane ich derzeit alle drei Monate, so dass immer Neuigkeiten präsentiert werden.
Was soll ich sagen – alles hat bisher prima geklappt und jetzt freue ich mich auf die BesucherInnen!

Sie haben kurz vor Weihnachten im letzten Jahr Ihr Geschäft eröffnet. Wie war die erste Resonanz und haben Sie Unterstützung vor Ort?

Die Resonanz war wirklich klasse! Trotz der noch nicht komplett fertigerstellten Außenfassade (Engpass bei der Baumateriallieferung) motivierte das Schaufenster zu einem Besuch! Ich war wirklich überrascht, dass ich so viel positives Feedback für meine Idee und die Möbelauswahl erhalten habe.
Da sich die Verkaufsfläche auf nur knapp 40qm beläuft und der Fokus auf die individuelle Beratung der gezeigten Möbel und Accessoires liegt, starte ich jetzt erst einmal mit Unterstützung einer Mitarbeiterin auf Stundenbasis. Diese Mitarbeiterin kommt aus dem Textilbereich, hat Erfahrung aus dem Bereich Stoff und Design und ist zudem eine Bekannte. Wir sprechen sozusagen dieselbe Sprache, wenn es um Kreativität, Design und Beratung geht. Status jetzt plane ich einmal pro Woche einen Bürotag, an dem ich die administrativen Aufgaben erledige. Schließlich ist dieser Teil nicht weniger wichtig.

Was verbindet Sie mit dem Kreis Herford besonders? Was sind aus Ihrer Sicht positive Aspekte des Gründens speziell hier in unserer Region?

Zum einen bin ich hier verwurzelt! Die Waltgeritstraße in Herford, in der sich aarhus80 befindet, ist quasi „Heimat“ für mich: dort leben meine Eltern, meine Schwester und das Gelände, auf dem mein Geschäft gebaut wird, ist in Familienbesitz. Zwar lebe ich mit meiner Familie im ebenfalls wunderschönen Hiddenhausen, jedoch bin ich sogar mit dem Fahrrad in 10 Minuten in Herford. Die Waltgeritstraße hat eine enorm gute Besucherfrequenz – Geschäfte wie Rossmann, Bäckerei Hensel, diverse Dienstleistungsunternehmen etc. machen die Location attraktiv. Darüber hinaus ist der Standort Herford aufgrund seiner Lage, Anbindung und Infrastruktur ein guter Standort gerade für den Möbelhandel.

3 Wünsche – welche haben Sie?

  • Ich möchte den Menschen die Gemütlichkeit des Nordens in Sachen Wohnen näherbringen und einen Ort schaffen, mit dem sie sich identifizieren können.
  • Zeit für und mit meiner Familie haben
  • Reisen