Ralf Ganzelewski –
Ganzelewski Maschinenbau GmbH

Ihr Unternehmen ist Experte für „Plastifiziereinheiten“. Was genau verbirgt sich dahinter und was sind Schnecken und Zylinder.

Die Plastifiziereinheit ist „das Herz“ einer Spritzgießmaschine. Sie besteht aus einem beheizbaren Massezylinder, meistens aus Bi-Metall und der Schnecke, gefertigt aus hochlegierten Werkzeugstählen. Im vorderen Teil der Schnecke ist die Rückstromsperre eingeschraubt. In dem Zylinderdeckel befindet sich die Düse, durch die der Kunststoff mit sehr hohem Druck in die Form eingespritzt wird.
Unter Plastifizierung versteht man den Verarbeitungsprozess, pulverförmige oder granulatförmige Kunststoffe in eine Schmelze umzuwandeln. Hierbei wird in Verarbeitungsmaschinen (z. B. Extruder oder Spritzgießmaschinen) der Kunststoff auf seine spezifische Schmelztemperatur erhitzt, so dass er eine heiße, homogene Kunststoffmasse bildet. Den Übergang vom festen in den formbaren und fließfähigen Zustand nennt man Plastifizierung.
Die „Schnecke“ gibt es schon seit mehr als 2000 Jahren! Sie ist eigentlich die Erfindung des Archimedes. Er entwickelte neben mechanischen und mathematischen Studien die Idee der Wasserschraube. Seine Idee war es, Wasser mit Hilfe einer Schraube, die in einem Rohr drehte, auf eine höhere Ebene zu fördern. So wie Archimedes‘ Schnecke Wasser förderte, werden bei der Kunststoffverarbeitung Schnecken und Zylinder eingesetzt, um Kunststoff zu fördern, zu komprimieren und schließlich in eine Form einzuspritzen.

Welche Teile können mit diesem Prozess hergestellt werden?

Abhängig von der Größe der Maschine, bzw. des Spritzgewichts praktisch alle Teile aus Kunststoff: Vom Schräubchen bis zur Auto-Stoßstange. In welchen Branchen wird Kunststoff verarbeitet? Im Automotiv-Bereich, in der Medizin-Technik, im Bereich Haushaltsartikel, Werkzeuge und Geräte.

Das Unternehmen wurde 1976 in Vlotho gegründet – wie hat alles angefangen?

Firmengründer war mein Vater Bringfried Ganzelewski. Mein Vater war viele Jahre lang bei der „Stübbe Maschinenfabrik GmbH“ im Kalletal für die Fertigungsplanung für Schnecken zuständig (Schneckenexperte). Ende der 60er Jahre wurde das Unternehmen von der DEMAG AG (später Mannesmann/ Demag) übernommen. Ich habe ab 1970 meine Ausbildung zum Industriekaufmann ebenfalls bei der Demag-Mannesmann absolviert und bis zur Schließung 1975 in der Kostenrechnung gearbeitet. Um die Arbeitslosigkeit zu vermeiden, hat mein Vater eine Arbeitsstelle in Bochum angenommen und ich wurde zur Bundeswehr nach Cuxhaven einberufen. Mein Vater hatte immer noch guten Kontakt zu seinen ehemaligen Kollegen von Stübbe, die auf unterschiedlichen Maschinenbauunternehmen in ganz Deutschland verteilt waren. Einige ehemalige Kundendienstmitarbeiter hatten den Bedarf für Schnecken, Zylinder und Zubehör erkannt und meinen Vater gefragt, ob er diese Teile vielleicht fertigen könne.

Und so begann die Unternehmensgeschichte: Wir haben zunächst mit der Fertigung von Rückstromsperren begonnen und das Polierfinish im Garagenkeller zwischen Gartengeräten und Farbtöpfen erledigt. Eine biegsame Welle und ein Polierbock waren unsere ersten Maschinen. Eine alte Absauganlage kam später hinzu – so wurde die Staubbelastung etwas erträglicher. Dreh- und Fräsarbeiten konnten wir zu der Zeit noch nicht selbst übernehmen. Etwas später nahmen wir dann auch die obere Garage zusätzlich in Beschlag. Das Auto kam ‚raus, stattdessen wurden dort nach und nach Schleifbank, Ständerbohrmaschine, Sandstrahlanlage Kompressor und ein Bandschleifer eingeräumt – natürlich alles gebrauchte Geräte. Nun konnten wir auch Zylinder fertigen. Zum Polieren mussten wir mit den schweren Teilen wiederum hinunter in den Garagenkeller, und zwar ohne Hilfe irgendeiner Hebevorrichtung.
Ende 1976 gab mein Vater seine Stelle in Bochum auf und ich hatte meinen Wehrdienst bei der Bundeswehr beendet. Mein Vater konnte sich jetzt auf das junge Unternehmen konzentrieren, ich besuchte die Fachoberschule für Wirtschaft und erlangte die Fachhochschulreife. Um meinen Vater zu unterstützen und um Geld zu verdienen, habe ich in jeder freien Minute in unserem Betrieb mitgearbeitet und unter Anderem Fahrten zur Härterei und zu Kunden übernommen. Meine Mutter hatte einen Schreibmaschinenkurs gemacht und schrieb nun die Rechnungen.

1980 war es dann so weit: Der erste Teil unseres neuen Betriebsgebäudes an der Möllberger Straße wurde fertig. Endlich Platz und vernünftige Arbeitsbedingungen. Zwei Jahre zuvor begann ich mein Studium der Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Bielefeld. Mein Schwerpunkt waren die Fächer Marketing und Außenwirtschaft, das Studium endete mit dem akademischen Grad Diplom-Betriebswirt. In der Zwischenzeit füllte sich allmählich unsere neue Betriebshalle und bereits 1985 wurde ein Stück angebaut. Natürlich habe ich auch während des Studiums stets in unserem Betrieb gearbeitet, aber eine Vollbeschäftigung in unserem jungen Unternehmen schien uns zu der Zeit zu riskant. So habe ich nach meinem Abschluss bei Dr. Oetker in Bielefeld als Controller gearbeitet, wo ich viele neue Erfahrungen sammeln konnte.

1987 habe ich dann eine wichtige Entscheidung getroffen: Ich gab meine gute Stellung bei Dr. Oetker auf und habe zusammen mit meinem Vater eine GmbH gegründet – die Ganzelewski Maschinenbau GmbH. Mein Vater war verantwortlich für den technischen Bereich – ich für den kaufmännisch-verwaltenden Teil – aber so sauber hatten wir das nie getrennt. Der kaufmännische Teil des Unternehmens war zu diesem Zeitpunkt ziemlich vernachlässigt worden. Meine ersten Schritte in der neuen GmbH waren es, eine moderne kaufmännische Struktur aufzubauen. Die Schreibmaschine wich dem Computer, die Auftragsbearbeitung, die Buchführung und die Lohnbuchhaltung wurden nun maschinell erledigt. Ich kaufte Adressen von Kunststoffverarbeitern in ganz Deutschland, ließ Prospekte drucken, um unsere Produkte zu bewerben. Wir stellten auf Messen aus und unser Kundenstamm vergrößerte sich kontinuierlich. Mit unserer Homepage waren wir 1997 das erste Unternehmen in Vlotho. Das Internet kannten zu der Zeit nur Computerfreaks. Mein Vater zog sich im neuen Jahrtausend mit über 70 Jahren allmählich aus dem täglichen Geschehen zurück und ließ mich walten.

Mein Team ist mittlerweile auf 20 Mitarbeiter gewachsen. Die alten, zum Teil gebrauchten, Maschinen sind durch moderne CNC-Maschinen ersetzt worden. Wir liefern nach ganz Europa und manchmal sogar darüber hinaus. In Zeiten, in denen Arbeitskräftemangel herrscht, kann die Automatisierung ein Weg sein, den Mangel zu kompensieren.

»Unsere Schnecken und Zylinder werden speziell für die spezifische Anwendung des Kunden konstruiert und gefertigt. Je nach Anwendung und Eigenschaften des zu verarbeitenden Kunststoffes, bekommt der Kunststoff-Verarbeiter ein auf seine Erfordernisse zugeschnittenes Produkt. Diesen Service können die großen Maschinenhersteller nicht bieten.«

Worin unterscheidet sich Ihr Angebot, Ihr Service von Mitbewerbern in der Region (oder in Deutschland)?

Unsere Schnecken und Zylinder werden speziell für die spezifische Anwendung des Kunden konstruiert und gefertigt. Je nach Anwendung und der Eigenschaften des zu verarbeitenden Kunststoffes bekommt der Kunststoff-Verarbeiter ein auf seine Erfordernisse zugeschnittenes Produkt. Diesen Service können die großen Maschinenhersteller nicht bieten.
Schnecken und Zylinder für Spritzgießmaschinen müssen unterschiedlichste Anforderungen erfüllen. Mechanischer Verschleiß wird meistens durch Füllstoffe im Kunststoff verursacht (z.B. Glasfasern oder Mineralien). Diese Materialien wirken wie Schmirgelpapier auf Stahl. Ein anderer Grund für Verschleiß ist Korrosion, oft hervorgerufen durch flammhemmende Zusätze. Da sich die Kunden aus Kostengründen oft keine Ersatzschnecke oder gar ein Schneckenlager bevorraten, ist hier schnelle Unterstützung gefragt. Wir bieten dem Kunden neben der Neuanfertigung, je nach Möglichkeit, die Reparatur der Plastifiziereinheit an. Als kostengünstige Alternative bieten wir die sogenannte Regenerierung der Schnecke an. Diese hat eine kürzere Lieferzeit gegenüber der Neuanfertigung und eine ausgezeichnete Verschleißfestigkeit. Unsere Kunden wissen unseren unkomplizierten und kompetenten Beratungs-Service durch unsere Spezialisten zu schätzen. Unsere verlässlichen Lieferzeiten und die hohe Qualität sind in ganz Deutschland und in vielen europäischen Ländern bekannt.

Produkte und Lösungen mit einem hohen Qualitätsanspruch setzen motivierte und vor allem qualifizierte Mitarbeiter voraus. Wie machen Sie Fachkräften Ihr Unternehmen schmackhaft?

Das Thema Fachkräftemangel macht auch bei uns nicht halt. Wir suchen dringend Zerspanungsmechaniker. Der Zerspanungsmechaniker stellt Präzisionsbauteile durch Verfahren wie Drehen, Bohren, Fräsen oder Schleifen her. Wir arbeiten mit CNC-Werkzeugmaschinen, an denen komplexe Teile sehr präzise und automatisch hergestellt werden. Normalerweise bilden wir zwei Azubis aus. In den letzten Jahren konnten wir die Ausbildungsstellen nicht immer besetzen. Leider kennen viele Schulabgänger diesen interessanten Beruf nicht. Der Beruf garantiert eine interessante Tätigkeit, gute Verdienstmöglichkeiten und einen sicheren Arbeitsplatz, auch in weiterer Zukunft.
Es werden gute Mathe- und Geometriekenntnisse benötigt und natürlich auch das Interesse an Technik. Als familiengeführtes Unternehmen bieten wir den Mitarbeitern eine familiäre Atmosphäre und ein gutes Betriebsklima. Unsere Ausbilder stehen bei Fragen immer zur Verfügung.  

Die Digitalisierung ist ein Thema, das die ganze (Unternehmens-)Welt umtreibt? Wie und wo greift die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen?

Digitalisierung stand bei mir schon immer im Fokus. Schon seit Anfang der achtziger Jahre hatte ich meinen ersten Computer. Als einer der ersten Kunden von Terra Wortmann in Hüllhorst habe ich mich mit PCs beschäftigt. Noch heute kümmere ich mich weitgehend selbst um unser Netzwerk und um Reparaturen in diesem Bereich. Die gesamte Auftragsbearbeitung, die Buchführung, die Lohnabrechnung inkl. Zeiterfassung läuft selbstverständlich über das Firmennetzwerk, so wie es im 21. Jahrhundert sein soll. Im technischen Bereich werden unsere Konstruktions-Zeichnungen per CAD (Computer-Aided-Design) erstellt und per CAM (Computer-Aided-Manufacturing) maschinengerecht weiterverarbeitet. Moderne Werkzeugmaschinen führen per CAM zig-tausende Befehle aus, um unsere Schnecken zu produzieren. Moderne CNC-Maschinen haben die alten manuellen Maschinen ersetzt. Aus dem Garagenbetrieb ist ein Hightech-Unternehmen geworden.

Was spricht für den Standort Vlotho?

Vlotho ist der Firmenstandort und der Wohnort unserer ganzen Familie! Ich brauche gerade einmal ein paar Minuten mit dem Auto bis nach Hause. Unser Ortsteil Uffeln hat sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Ich lebe und arbeite hier gerne.